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Quelle: DVS-Bezirksverband Ostthüringen
BV Ostthüringen
09.10.2023
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Auf der „Spur der Steine“

2. Schweißtechnisches Forum 2023 des BV Ostthüringen .

Der Einladung zum 2. Schweißtechnischen Forum aus der Reihe „Aus der Praxis - für die Praxis“ waren 17 Teilnehmer am 27. April 2023 nach Heberndorf, einem Ortsteil von Wurzbach, gefolgt. Unser Ziel war das Granitwerk Fischer GmbH & Co. KG.
In einem Einführungsvortrag von Geschäftsführerin Dipl.-Ing. (FH) Ute Fischer erhielten die Teilnehmer einen Überblick über die Geschichte des Granitwerks, von der Gründung bis in die Gegenwart.

Wichtige Jahreszahlen und Stationen:
1911: Gründung durch die Gebrüder Fischer als Diabas-Steinbruch in Mellenbach.
1927: wegen des steigenden Bedarfs wurde zweites Werk in Heberndorf eröffnet.
1931: es entsteht eine Aufbereitungsanlage für die Produktion von Schotter, Splitten und Brechsand.
1936: ab diesem Jahr wurden über 1 Mio. t Zuschlagstoffe über den Gleisanschluss an die Großbaustelle der Talsperre  Hohenwarte geliefert.
1957: Sohn Rudolf Fischer modernisierte und mechanisierte die Gewinnung der Edelsplittproduktion in beiden Werken. Im gleichen Jahr folgte die staatliche Beteiligung und schließlich 1972 die Verstaatlichung.
1977: Schließung des Werkes in Mellenbach, und das Granitwerk Heberndorf wurde Betriebsteil des VEB VTS (Vereinigte Thüringer Schiefergruben) Unterloquitz.
1990: Reprivatisierung. Unter Führung des Enkels der Gründergeneration, Dipl.-Ing. Manfred Fischer, der selbst schon seit 1961 im Betrieb war, begann die Modernisierung des Werks.
1995: Beginn der Erneuerung der mobilen Steinbruchtechnik und der systematische Neubau einer modernen  Aufbereitungsanlage mit Vorbrecher, Zwischenbunkerung, Nachbrecherei, Siloraum und Entstaubung. Damit kann das Werk den hohen Qualitätsanforderungen des Marktes gerecht werden und eine breite Palette an Gesteinsprodukten liefern.
2007: von da an wird das Werk mit 20 Mitarbeitern (viele davon langjährig) in 4. Generation erfolgreich von Geschäftsführerin Ute Fischer geleitet.

Nach dem Exkurs in die Geschichte gab uns Norbert Fiedler einen Einblick in die Herausforderungen, die die Instandhaltung der Aufbereitungsanlagen bereithält.

Norbert Fiedler, Mitglied unseres BVO, arbeitet seit 1985 im Betrieb. Von Beruf Bauschlosser, hat er sich am ifw Jena zum SFM weitergebildet und besitzt Schweißprüfungen in den Verfahren MAG (135, 136) und E (111). Im Betrieb ist er mitverantwortlich für den reibungslosen Betrieb der Anlagen, die durch das harte Gestein besonderem Verschleiß unterliegen. Am Beispiel eines sog. „Einfalltrichters“ wurde dies veranschaulicht (siehe Foto). In diesen Trichter wird das durch Sprengung gewonnene Gestein mittels Steinbruchmuldenkipper geschüttet und von dort zum Vorbrecher weitergeleitet. Man kann sich vorstellen, dass das harte, unförmige Gestein stetig am Trichtermaterial „nagt“ und letztendlich zum Versagen des Bauteils führen würde. Der Verschleiß war in der Vergangenheit besonders hoch, da der Trichter mittels 30 mm Bolzen mit dem Tragegerüst verbunden war, also eine Verbindung Metall an Metall. Zur Diskussion stand ein Neukauf oder die Reparatur. Nach Abwägen der Wirtschaftlichkeit entschloss man sich zum eigenen Neubau mit technischen Veränderungen. Die Geometrie des Neubaus musste sich dem vorhandenen annähern, Zeichnungsunterlagen waren jedoch nicht vorhanden. Norbert Fiedler hat die Eckmaße und Winkel am vorhandenen Bauwerk abgenommen und der umgebenden Konstruktion angepasst. Als Neuerung wurden, die Schraubverbindungen von Metall auf Metall mittels Bolzen nun durch 6 Silentblöcke ersetzt (siehe Foto). Diese mussten in der Lage sein, die gewaltigen Schubkräfte, die auf Grund der fast senkrechten Anordnung des Trichters auftreten, aufzunehmen und damit zur gewünschten Verlängerung der Lebensdauer des Bauteils beitragen. Gefertigt wurde der Trichter mit einem Gesamtgewicht von ca. 6 t aus S 235 (20 mm), der Rahmen aus S 355 (30mm). Ausgekleidet wurde der Trichter mit dem verschleißfesten Hardox 500 (20mm).

Nach dem theoretischen Teil folgte der Rundgang durch die Werkstatt. Diese ist ausgestattet mit entsprechenden Schweißmaschinen für die oben erwähnten Schweißverfahren, Autogenbrenner und einer Plasmaschneidanlage bis 60 mm.
Nach dem Werkstattbesuch erfolgte noch ein Rundgang im Steinbruch. Das Gestein wird mittels Sprengung aus dem Felsgestein gelöst. Dabei werden pro Sprengung ca. 5 t Sprengstoff in die vorbereiteten Bohrungen eingebracht. Damit können ca. 20.000 t Gestein in unterschiedlichen Größen herausgebrochen werden. Im Anschluss beginnt der eigentliche Bearbeitungskreislauf. Das gebrochene Gestein wird mit Gerätetechnik zu den entsprechenden Brechanlagen (z.B. Backenbrecher, Kegelbrecher) verbracht um hier in die definierte Korngröße zerkleinert zu werden. Das Sortiment ist vielfältig und umfasst neben Wasserbausteinen, Schotter, Mineralgemischen usw. auch Edelsplitte für Betonwerke und Aufhellungsedelsplitte als Zuschlagmaterial für den Straßenbau. Damit können Fahrbahnbeläge aufgehellt werden um somit eine bessere Nachtsichtbarkeit und eine geringere Erwärmung bei Sonneneinstrahlung zu erreichen.

Die Teilnehmer konnten an diesem Nachmittag sprichwörtlich auf der „Spur der Steine“ den Gesamtprozess vom gewachsenen Gestein bis zum fertigen Endprodukt live mitverfolgen.

Als Dank für die interessanten Ausführungen überreichte der Vorsitzende des BVO, Dr. Steffen Dahms, kleine  Erinnerungsgeschenke an die Gastgeber. Im Namen des DVS-BV Ostthüringen bedanken wir uns insbesondere bei Dipl.-Ing. (FH) Ute Fischer und Norbert Fiedler für die gelungene Fachveranstaltung.


Dipl.-Ing. (FH) R. Hildenbrandt
Vorstand Technik, Wissenschaft und Forschung
DVS-Bezirksverband Ostthüringen