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Quelle: DVS-Bezirksverband Ostthüringen
BV Ostthüringen
09.10.2023
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Schiffe im Fahrstuhl

29. Fachexkursion des DVS-Bezirksverband Ostthüringen

Gut gelaunt und voller Erwartung starten am letzten Augusttag 32 Mitglieder zu ihrer diesjährigen Fachexkursion. Wie schon in der Vergangenheit ist die Fachexkursion ein, wenn nicht der fachlich wichtigste Höhepunkt im Verbandsleben des Ostthüringer DVS-Bezirksverbandes.

Mit dem Bus geht es zunächst nach Bad Saarow am Scharmützelsee im Landkreis Oder-Spree, wo wir unser Domizil für die nächsten beiden Tage beziehen. Nach einer recht entspannten Anreise und der planmäßig erfolgten Zimmerverteilung im Hotel, treffen sich die Fachkollegen zum gemeinsamen Abendessen. Der verbleibende Abend wird für vielfältige Gespräche zu aktuellen Themen rund um die Schweißtechnik und zu den aktuellen Neuerungen in den DVS-Verbandsstrukturen genutzt.
Am Freitagmorgen geht es bei idealem Exkursionswetter nach Niederfinow. Nach zweistündiger Busfahrt erreichen wir pünktlich unser Ziel. Die beiden imposanten Schiffshebewerke, Ikonen deutscher Ingenieurskunst, sind wahre Landmarken in der Landschaft. Am Besucherinformationszentrum nimmt uns Herr Richter, unser heutiger Gästeführer mit Insiderwissen, in Empfang. Er hat als Bauleiter bei der Implenia Construction GmbH an der Errichtung des neuen Schiffshebewerkes in verantwortlicher Position mitgearbeitet. Sein profundes technisches Wissen, gepaart mit den Detailkenntnissen zum Bauwerk, ist für uns als interessierte Besucher ein wahrer „Hauptgewinn“.

Auf der 3-stündigen Tour werden wir auf eine Zeitreise zu den Anfängen des Projektes bis hin zur Gegenwart der beeindruckenden technischen Denkmale mitgenommen. So gab es auf dem Rundgang reichlich Gelegenheit das neu errichtete sowie das historische Schiffshebewerk zu besichtigen. Der Finowkanal hat eine Länge von ca. 43 km und ist die älteste noch im Betrieb befindliche künstliche Wasserstraße Deutschlands. In den Anfängen verband er die Flüsse Oder und Havel um Berlin sowie Regionen Preußen´s mit den damalig wirtschaftlichen Zentren, wie z.B. Sachsen, Schlesien und Böhmen. Bedingt durch die ständige Zunahme der auf dem Wasser transportierten Frachtmengen wurde 1906 mit dem Bau der Schleusentreppe in Niederfinow begonnen. Die Inbetriebnahme erfolgte 1914 und war Teil des Großschifffahrtsweges Stettin-Berlin und bis 1972 in Nutzung. Der Bau des Schiffhebewerkes zur senkrechten Überwindung des Höhenunterschiedes von 36 Metern erfolgte 1927. Nach einer Bauzeit von sieben Jahren wurde die gigantische Stahlkonstruktion im März 1934 eingeweiht. Während des 2. Weltkrieges fast unversehrt geblieben ist es noch heute, 90 Jahre nach Inbetriebnahme, funktionstüchtig und hat ca. 200 Mio. Tonnen Güter bewegt. Mit nur knapp 50 Ausfalltagen in dieser langen Zeitspanne zeugt das von einer bemerkenswerten technischen Ingenieursleistung und einer qualitativ hochwertigen Bauausführung. Um den Anforderungen an das sich wandelnde Verkehrsaufkommen auf dem Wasser gerecht zu werden, wurde 1992 mit den Planungsarbeiten für den Ersatzneubau begonnen. Der Baustart erfolgte 2008 und die Fertigstellung am 4. Oktober 2022. Die Baukosten für das 133 Meter lange, 46 Meter breite und nahezu 55 Meter hohe Bauwerk betrugen 520 Mio. Euro. Die benötigte Zeit für den reinen Hebevorgang beträgt 5 Minuten, die gesamte Ein- und Ausschleusung dauert 20 Minuten.
Gut gestärkt nach der wohlverdienten Mittagspause folgt nach den vielen technischen Informationen und den sehr ausführlichen Erläuterungen am Vormittag nun die praktische Umsetzung. Mit dem Fahrgastschiff „Freiherr v. Münchhausen II“ testen die Teilnehmer der Fachexkursion auf einer einstündigen Besichtigungsfahrt durch beide Schiffshebewerke deren Funktionsweise und Zuverlässigkeit. Nach einem 10-stündigen Exkursionstag treffen sich die Teilnehmer am frühen Abend zum gemeinsamen Abendessen im reservierten Bereich des Hotelrestaurants. Die Auswertungen des hochinformativen und erlebnisreichen Tages stehen im Mittelpunkt der weiteren Tischgespräche.

Auf der Heimfahrt am Samstag wird der Domstadt Fürstenwalde ein Besuch abgestattet. Mit dem als Scharfrichter gekleideten Gästeführer geht es auf Tour durch die historischen und geschichtsträchtigen Bereiche der Stadt. An 10 Stationen erfahren wir in gut zwei Stunden viel Wissenswertes über Fürstenwalde und so manche Episode aus dem Leben und Wirken eines Scharfrichters. Der „Abstieg“ in die sehr ansprechend restaurierten Gewölbekeller unter dem historischen Rathaus bringt eine angenehme Abkühlung. Ein lokaler Verein betreibt in diesen Räumlichkeiten eine eigene kleine Brauerei. So erfahren wir, vom im historischen Kostüm gekleideten Krüger Kersten, die wechselvolle und spannende Geschichte der Bierbrauerei in Fürstenwalde. Als „Wegzehrung“ für die Heimfahrt gibt es Fettbrote mit Gurke und eine Kostprobe des selbst gebrauten Bieres.
Um die Mittagszeit treten wir die Heimreise nach Ostthüringen an. Die Informationen und Erlebnisse der letzten Tage sorgen während der Fahrt für viel Gesprächsstoff. Alle Teilnehmer sind sich einig, dass auch im kommenden Jahr diese Tradition mit der Jubiläumstour fortgesetzt werden soll. Der Vorstand des BVO hat die Organisation der 30. Fachexkursion bereits im Blick.


A. Jörk
Vorstand Öffentlichkeitsarbeit
DVS-Bezirksverband Ostthüringen