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BV Hamburg
23.05.2025
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Von Cobots bis China: 22. Tagung Schweißen in der maritimen Technik und im Ingenieurbau

Die jährliche Tagung wird von der SLV Nord, dem DVS-Bezirksverband Hamburg und der Schiffbautechnischen Gesellschaft (STG) veranstaltet.

Perfekter Fernblick über die Elbe bei strahlend blauem Himmel, 10 abwechslungsreiche Vorträge, ein spannender Werksbesuch, 15 Aussteller – und rund 130 Gäste, die Lust auf persönlichen Austausch mitgebracht hatten: Das war die 22. Tagung Schweißen in der maritimen Technik und im Ingenieurbau am 13. und 14. Mai 2025 hoch über dem Hamburger Hafen. Das Branchentreffen begann mit einer Führung durch Werkshallen voller durchdachter Produktionsabläufe: Bei STILL in Hamburg-Billbrook erhielten die Teilnehmer ausführlichen Einblick in die Herstellung von Gabelstaplern, vom Rohmaterial bis zum fertigen Produkt. Vollautomatisierte Schweißprozesse erwiesen sich dabei als Standard, ob bei der Fertigung von Hubzylindern, Rahmen, Fahrerschutzdächern oder Masten.

Dem Austausch über die gewonnenen Eindrücke konnten sich die Gäste ausführlich beim anschließenden Abendessen widmen: In der Elbkuppel des Hotel Hafen Hamburg, hoch über erleuchteten Schiffen und Kränen, wurde noch bis zu später Stunde gemütlich beisammengesessen und geplaudert.

Wann erscheint die neue EN 1090-1? Einblicke in die Normungsarbeit

Am nächsten Morgen eröffnete Armin Schlieter, Geschäftsführer der SLV Nord, den Vortragstag mit einer Vorstellung der 15 Ausstellerfirmen und ihrer Tätigkeitsbereiche und dankte dem Tagungskomitee für die thematisch vielfältige Zusammenstellung des Programms. Dieses begann mit einem Insider-Bericht aus der Arbeit technischer Normungsgremien: Prof. Dr.-Ing. Michael Volz von der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt machte die Herausforderungen, die die im Januar 2025 in Kraft getretene neue Bau-PVO für den Stahlbau mit sich bringt, am Beispiel der EN 1090-1 deutlich.

Nach dem Eröffnungsvertrag zum Thema Regelwerke führte Dieter Kocab die Zuhörer direkt hinein in die schweißtechnische Praxis: Der Geschäftsführer der KDTechnologie-Beratung GmbH zeigte häufig noch ungenutzte Potentiale des MSG-Schweißens auf. Dabei schilderte er für konkrete Anwendungsfälle geschaffene Lösungen aus verschiedenen Marktsegmenten wie Behälter- Schiff-, Schienenfahrzeug- und Brückenbau, die z. B. Wirtschaftlichkeit, Qualität, Ergonomie oder Arbeitssicherheit optimieren.

1.600 Werften an der Pazifkküste: Schiffbau in China

Weit in die Ferne ging es für die Tagungsgäste als nächstes mit Klaus-Peter-Schmidt von KPS Schweißtechnik & Beratung: „Aktueller Stand im Schiffbau in China“ lautete sein Thema. China hat 2024 die weltweite Führungsrolle beim Bau großer Schiffe übernommen, mit z. B. 81% Weltmarkt-Anteil bei Containerschiffen, 75% bei Massengutfrachtern, 74% bei Tankern, auch der Bau von Kreuzfahrtschiffen, Offshore-Schiffen und Autofrachtern boomt.  Die Bedeutung des Fernost-Landes im Schiffbau lässt sich auf wettbewerbsfähige Preise und hohe Produktionskapazitäten (1.600 Werften sind entlang der Küste angesiedelt!) zurückführen.

Eine weitere zukunftsweisende Fertigungsmethode stand beim nächsten Vortrag im Mittelpunkt: Additive Fertigung. Wie Christian Klötzer-Freese von der Mecklenburger Metallguss GmbH betonte, hält die Technik zunehmend auch in den Schiffbau Einzug und bietet sich besonders für große Einzelteile an, die mit herkömmlichen Methoden nur langsam, kostenintensiv und schwierig herstellbar sind – wie z. B. Schiffspropeller.

Nachwuchs begeistern mit Cobots und Schweißsimulatoren

Mobile Cobits, ohne Aufwand für Betriebe jeder Art einsetzbar, und auch zum Mehrlagenschweißen geeignet – was in dieser Hinsicht heutzutage möglich ist, zeigten als nächstes Patrick Haber und Thomas Büttner von Robolution. Sie präsentierten ein System, das nicht nur eine Oberflächendigitalisierung des Nahtvolumens im Koordinatensystem des Roboters mittels Sensorik beinhaltet, sondern darüber hinaus auch die Bahnen zum Mehrlagenschweißen automatisch generiert, wodurch das bisher zeitaufwendige manuelle Programmieren entfällt.

Den eklatanten Fachkräftemangel in der Schweißtechnik bekämpfen – dieses Thema stand auch bei Martin Juhn von Fronius Deutschland im Fokus. Juhn setzte allerdings bei der Ausbildung an, indem er zeigte, wie potenzielle Nachwuchskräfte sich durch Schweißsimulatoren auf spielerische Art mit dem Schweißen vertraut machen können. Komplexe Schweißprozesse werden dabei realitätsnah simuliert, wodurch Anfänger gefahrlos, kostengünstig, ressourcenschonend und mit permanentem Feedback Schritt für Schritt ihre Handfertigkeiten verbessern können.

Den Vortragstag beschloss ein Ausflug in das Thema Reparatur von Grauguss-Bauteilen. Michael Mengel von Metalock Engineering Germany stellte das so genannte „Metalock-Verfahren“ vor, bei dem mehrere Lagen vorgefertigter 6 bis 7 mm hoher Riegel quer zu aufgetretenen Rissen in das Material eingesetzt, verstemmt und verschraubt werden.

Die SLV Nord, aber auch im Namen unserer Mitveranstalter DVS-BV Hamburg und Schiffbautechnische Gesellschaft gesprochen – danken allen Referenten ganz herzlich für ihre engagierten Vorträge, ebenso der Firma STILL für den hochinformativen Werksbesuch. Großer Dank gilt schließlich auch unseren Ausstellern, den Medienpartnern, und nicht zuletzt allen Teilnehmer:innen, die die Tagung auch dieses Jahr zu einem lebhaften Treffpunkt der schweißtechnischen Fachwelt mit ausführlichem fachlichen Austausch haben werden lassen.

Text & Fotos: Schweißtechnische Lehr- und Versuchsanstalt Nord gGmbH