
Die Klebtechnik ist ein Fügeverfahren, das sich in den zurückliegenden Jahren in Industrie und Handwerk als vollwertiges und professionelles Fügeverfahren branchenübergreifend etabliert hat. Die Anwendungsvielfalt ist sehr groß, da grundsätzlich alle Werkstoffe langzeitbeständig und sicher unter Erhalt ihrer Materialeigenschaften geklebt werden können. Der DVS bündelt mit seinen Fachgremien in der Klebtechnik die Kompetenzen für Bildung, Technik und Forschung.
Da die Klebtechnik für alle Materialien geeignet ist, kommt sie in nahezu allen relevanten Branchen der Industrie zum Einsatz: Von der Automobilindustrie über die Zulieferindustrie, den Schienenfahrzeugbau bis zur Verteidigungsindustrie. Die Klebtechnik ist eine hochentwickelte, effiziente und zukunftsweisende Fügetechnologie. Durch die kontinuierliche Weiterentwicklung der Klebstoffe, Applikationstechnologien und Qualitätssicherungsmethoden erschließen sich zunehmend neue Anwendungsfelder – nicht nur in konventionellen Industrieanwendungen, sondern auch in der Medizin, im Alltag und in der Raumfahrt. Die fundierte Kenntnis der klebtechnischen Prinzipien und ihrer Grenzen ist dabei entscheidend für den nachhaltigen und sicheren Einsatz.

Auch in der Natur ist die Klebtechnik allgegenwärtig: Die Spinne ist eine wahre Meisterin der Klebtechnik, denn Sie produziert aus ihren Fäden Netze von erstaunlichen Ausmaßen. Beispiele aus der Natur gibt es jedoch nicht nur im Reich der Spinnen, sondern auch bei anderen Insekten auch in der Pflanzenwelt – wie beim Efeu, dem Sonnentau oder wildem Wein.
In der Geschichte der Menschheit spielt die Klebtechnik ebenfalls eine wichtige Rolle, denn sie ist eine der ältesten Techniken und reicht bis in die Steinzeit zurück. Damals wurden natürliche Materialien wie Birkenpech zur Herstellung von Werkzeugen und Waffen verwendet. Im Laufe der Geschichte entwickelten verschiedene Zivilisationen Klebstoffe aus tierischen und pflanzlichen Quellen. Der Übergang zu synthetischen Klebstoffen erfolgte erst Ende des 19. Jahrhunderts.
Qualifiziertes Personal ist in der Klebtechnik unabdingbar. Ohne spezielle Kenntnisse um die Besonderheiten des Klebens kann es zu schwerwiegenden Fehlern kommen. Fehlende oder unzureichende Oberflächenvorbehandlung, falsche Klebstoffauswahl, unsachgemäße Klebstoffverarbeitung und die Nichtbeachtung klebspezifischer Konstruktionsregeln sind nur einige davon.
Eine entscheidende Rolle spielt die berufliche Qualifizierung. Die Fachgruppe 4.1 „Klebtechnik“ im Ausschuss für Bildung (AfB) hat in den vergangenen Jahren ein umfassendes Personalqualifizierungskonzept für die Klebtechnik entwickelt, welches an DVS-zugelassenen Bildungseinrichtungen erfolgreich umgesetzt wird. Es ist längst europaweit harmonisiert und anerkannt und umfasst folgende Qualifizierungen:
Den Stand der Technik beschreiben Vertreter der Branche in der Arbeitsgruppe (AG) V 8 „Klebtechnik“ im Ausschuss für Technik (AfT). Die Arbeit der AG V 8 umfasst die Festlegung von Qualitätsstandards für klebtechnische Anwendungsgebiete. Sie werden in einer Pilotphase in DVS-Richtlinien fixiert, anschließend evaluiert und – basierend auf diesen Erkenntnissen – normativ in DIN EN ISO Normen überführt. Diese Vorgehensweise ist zwischen DVS und DIN abgestimmt. Die Maßnahmen zur klebtechnischen Qualifizierung sowie die Entwicklung und Umsetzung von Qualitätsstandards werden durch die Arbeitsgruppen im DVS kontinuierlich begleitet. Die Mitarbeit steht interessierten Fachleuten aus Industrie und Handwerk sowie anderen Organisationen offen.

Ein Beispiel aus dem Schienenfahrzeugbau ist der Einsatz der Klebtechnik im ICE der Deutschen Bahn. Dieses Beispiel ist ein hochspezialisiertes Anwendungsfeld der industriellen Fügetechnik – mit höchsten Anforderungen an Sicherheit und Qualität. Der Einsatz von Klebstoffen im Hochgeschwindigkeitszug ist ein Paradebeispiel dafür, wie Klebtechnologie strukturell, funktional und ästhetisch entscheidende Vorteile bringt. Die Möglichkeit, verschiedene Materialien mit Hilfe der Klebtechnologie effizient zu verbinden, ist entscheidend für die Leichtbauweise der Züge, was Energieverbrauch und Gewicht reduziert.
Moderne Klebstoffsysteme ermöglichen das dauerhafte, belastbare und materialsparende Fügen unterschiedlichster Werkstoffe – von Metallen über Kunststoffe bis hin zu Verbundmaterialien. Angesichts steigender Anforderungen an Leichtbau, Multimaterialdesign und automatisierte Fertigung gewinnt die Klebtechnik branchenübergreifend zunehmend an Bedeutung.
Auch in der Forschungsvereinigung Schweißen und verwandte Verfahren e. V. des DVS, kurz: DVS Forschung, spielt das Thema Kleben eine wichtige Rolle unter den verwandten Verfahren der Schweißtechnik. Die im Fachausschuss 8 „Klebtechnik“ (FA 8) erarbeiteten Forschungsprojekte umfassen das gesamte Gebiet der Klebtechnik von der Konstruktion über die Fertigung bis hin zur Reparatur und zum Recycling – auch in Kombination mit anderen Fügeverfahren. Beschränkungen auf bestimmte Werkstoffe, Einsatzgebiete oder Prozesse gibt es nicht. Der FA 8 ist Teil des Gemeinschaftsausschuss Klebtechnik (GA-K), der seit dem Jahr 2000 die Kompetenzen und Aktivitäten auf dem Gebiet der Klebtechnik bündelt. Die weiteren Mitglieder des GA-K rekrutieren sich aus den Arbeitskreisen „Fertigung und Konstruktion“ und „Adhäsion und Klebstoffchemie“ der DECHEMA - Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V., dem Expertenausschuss „Kleben von Stahl“ der Forschungsvereinigung Stahlanwendung e.V. (FOSTA) sowie Experten des Internationalen Vereins für Technische Holzfragen e.V. – iVTH.
Im Februar 2025 fand in Köln das 25. Kolloquium „Gemeinsame Forschung in der Klebtechnik“ statt, getragen von den Mitgliedern des GA-K. Das jährlich stattfindende Kolloquium bietet seit mehr als zwei Jahrzehnten Entwicklern, Herstellern, Anwendern und Wissenschaftlern ein Forum, um sich über neue Forschungsergebnisse aus Projekten der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) sowie deren Umsetzungen in der Industrie zu informieren. Neben diesem umfassenden Bild vom aktuellen Stand in Forschung und Anwendung wird hier auch der direkte Dialog großgeschrieben.

Dr. Wolfgang Witwer, der Vorsitzende des Gemeinschaftsausschusses Klebtechnik, stellte auf dem Kolloquium die neue „Roadmap Klebtechnik 2035“ vor. Sie beinhaltet eine Erweiterung der bisherigen Themen wie Kommunikation und Ausbildung mit dem Ziel einer Stärkung des öffentlichen Vertrauens in die Klebtechnik, Förderung der Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit sowie Prozesstechnik mit dem Ziel einer adaptiven Klebtechnik. Überschrieben mit den Attributen „kreislauffähig, prognostizierbar und adaptiv“ stehen im kommenden Jahrzehnt vor allem die Methoden der Prognose entlang der Prozesskette sowie der vernetzte Prognose-, Auslegungs- und Verarbeitungsprozess im Fokus der klebtechnischen Forschung.
Vor 25 Jahren hat Dipl.-Ing. Julian Band als junger Ingenieur die Geschicke des TechnologieCentrum Kleben (TC-Kleben) als Geschäftsführer übernommen und daraus bis heute ein erfolgreiches Technologiezentrum geformt. Aus drei Mitarbeitenden sind heute 20 geworden. Das neue Gebäude am Standort in Übach-Palenberg ist erst fünf Jahre alt und verfügt über moderne Seminarräume und die technische Ausstattung, um den Teilnehmenden Fachwissen zeitgemäß zu vermitteln. Der Schwerpunkt der Tätigkeit liegt auf Angeboten rund um die berufliche Bildung und Betriebszertifizierung. Rund 650 Teilnehmende pro Jahr absolvieren eine Weiterbildung am TC-Kleben. Rund 20 Klebfachingenieure und Klebtechnologen erhalten pro Jahr ihre Zulassung.
Neben der beruflichen Qualifizierung klebtechnischen Personals begutachtet und zertifiziert das TC-Kleben auch Betriebe hinsichtlich ihrer klebtechnischen Prozesse und prüft Klebstoffe oder geklebte Bauteile. Die Dozenten des TC-Kleben unterrichten deutschlandweit und international klebtechnisches Fachwissen, damit Anwendende aus unterschiedlichen Branchen das Potenzial der Klebtechnik nutzen können. Das TC-Kleben ist ein vom DVS zugelassenes klebtechnisches Zentrum. Durch diese Zulassung wird eine unabhängige, fachgerechte und anerkannte Qualifizierung für klebtechnisches Personal garantiert. Die Qualifizierung von klebtechnischem Personal ist über die zentrale Prüfstelle des DVS von der Deutschen Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS) gemäß DIN EN ISO/IEC 17024 (Personalzertifizierung) akkreditiert. Weiterhin bietet das TC-Kleben bietet umfangreiche klebtechnische Prüf- und Testverfahren zum Nachweis von mechanischen Eigenschaften, zum Nachweis der Alterungsbeständigkeit oder für klebtechnische Expertisen, zum Beispiel auch bei Schadensfällen.
„Die Klebtechnik ist ein wunderbarer Mix von vielen Wissenschaften und Technologiefeldern: Werkstoffe, Fertigung, Konstruktion, Physik, Chemie – das macht das Thema so interdisziplinär.“
Seit über 40 Jahren ist Prof. Dr. Andreas Groß am Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM (Fraunhofer IFAM) tätig und leitet die Abteilung „Weiterbildung und Technologietransfer“. Sein Aufgabenbereich umfasst neben dieser Aufgabe die strategische Ausrichtung der Abteilung, die Mitwirkung als Referent in den verschiedenen Weiterbildungen, die Vertretung des Fraunhofer IFAM und der Abteilung im In- und Ausland sowie die Teilnehmenden- und Projektakquisition für alle Weiterbildungsebenen und -bereiche. Andreas Groß arbeitet darüber hinaus in diversen DVS-Fachgremien im Bereich Klebtechnik. Er ist Obmann der Arbeitsgruppe (AG) V 8 „Klebtechnik“ im DVS und engagiert sich dort gemeinsam mit Dipl.-Ing. Julian Band, dem stellvertretenden Obmann der AG V 8 und weiteren 40 Klebspezialisten.
Das Fraunhofer IFAM ist eine international führende und unabhängige Forschungseinrichtung. Seit über 50 Jahren arbeiten hochqualifizierte und multidisziplinär aufgestellte Teams an der Weiterentwicklung dieser vielseitigen Fügetechnik. Die langjährige Erfahrung, die breite fachliche Spezialisierung der Mitarbeitenden sowie die umfassende apparative Ausstattung ermöglichen eine effiziente und qualitativ hochwertige Bearbeitung von Dienstleistungen sowie Forschungs- und Entwicklungsaufträgen. Die Kernkompetenz Kleben des Fraunhofer IFAM beinhaltet die unter anderem folgende Dienstleistungen:
Ein langjährig etabliertes, umfangreiches und international angebotenes Portfolio an klebtechnischer Weiterbildung mit europaweit anerkannten Abschlüssen ist ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit des Fraunhofer IFAM in Bremen.
„Auch beim Kleben ist entscheidend, dass alle Beteiligten wissen, was wann wo wie und warum zu tun ist, und das von der ersten Produktidee bis zum fertigen Produkt.“
Engagieren Sie sich in den Fachgremien des DVS! Hier können Sie sich informieren:
Interessante Links:
DVS-anerkannte Bildungsmaßnahmen
Fachausschuss Klebtechnik (FA 8)
Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAMEWF – European Federation for Welding, Joining and Cutting